Zauberkünste in Linz und der Welt

Ausstellungsarchitektur für die Ausstellung im Nordico Linz
10/2008-05/2009
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Der räumliche und konzeptionelle Entwurf einer Ausstellung bedeutet immer eine Gratwanderung: eine offensichtliche „architektonische Intervention“ ist dem Wesen der Ausstellungsinhalte meist wenig dienlich. Doch gerade in einem Haus wie dem Nordico Linz, das weder zur Kategorie des heute standardisierten white cubes zählt, noch ein überwältigendes historisches Setting vorgibt, erscheint das Nachdenken über organisierende, sinnlich komplexe und dramaturgisch richtige – angemessene – Eingriffe wichtig.

Die Zauberkunst benutzt Techniken der Täuschung und Inszenierung. Wenn es um Zauberkünste geht, ist nichts, wie es scheint, und unser Interesse wird geweckt, indem wir für dumm verkauft werden. Diese Vorgangsweise scheint zunächst einen Widerspruch zu allen Werten darzustellen, die Architekten heute gelernt haben und über die seit Beginn der Moderne ein allgemeiner Konsens vorherrscht: unverfälschte Materialien, klare Formensprache, Übersichtlichkeit, Reduktion der Mittel,… hell, offen, flexibel, neutral… Wie entstehen in solchen Raumkategorien Geheimnisse, Täuschungen, Emotionen, Überraschungen?

Das Museum Nordico, ein hermetisch abgeschlossener, kloster- oder auch palaisartiger, rund vierhundert Jahre alter Baublock mit dicken Ziegelwänden, Kreuzgewölben und Stuckdecken, bietet einen bewährten „Spielort“ ohne modische Attitüden. In diesen altertümlichen Mauern finden sich keine leeren Hallen, sondern zahlreiche, über mehrere Stockwerke verteilte Salons, Zimmer und Kabinette. So stand am Beginn des architektonischen Konzepts keine große Geste, sondern die Suche nach Vielfalt, Heterogenität, nach Absonderlichem und Speziellem.

Die zusammenhaltende Grundidee ist ein Zauberteppich, der sich über die verschiedenen Ebenen und Räume ausdehnt und die vorgefundenen Eigenheiten der Räume zu einer Vielzahl spezieller Situationen und Stimmungen verknüpft. Dabei wollten wir mit architektonischen Mitteln möglichst effizient umgehen und haben Raumfragmente entwickelt, die als solche klar lesbar sind. Die Fragmente bestehen aus der Dialektik von Fläche und Raum, das heißt konkret von Wand und Sockel, von Rahmen und Vitrine oder auch von flächiger Projektion und objekthaftem Monitor. Durch die unterschiedliche Kombination dieser Grundbausteine, gefertigt aus einfachen Materialien wie Faserplatten, Glas, Stahlformrohren etc. und ergänzt durch monochrome Farbflächen, spannt sich die Ausstellungsoberfläche als thematische Matrix durch das Gebäude.
Diese Struktur erlaubt eine zwar bevorzugte, aber keinesfalls zwingende Abfolge von Themen und Räumen. Statt auf die Wegeführung legten wir unser Augenmerk auf Blickbeziehungen, Durchblicke, Einblicke, dramaturgische Abläufe, unerwartete Wendungen. Das Publikum wird hinter die Kulissen der Zauberei mitgenommen und aus verschiedenen Blickpunkten auf die vielfältigen Ausformungen und Praktiken, Tricks, Geheimnisse und kulturellen Zusammenhänge aufmerksam. Es entsteht eine Spannung zwischen dem Unerklärlichen und dessen Entlarvung, ohne die Geheimnisse der Zauberkünste wirklich zu entzaubern.
Mit industriellen Materialien und einfachen tektonischen Mitteln werden komplexe Wissensräume aufgespannt und sinnlich erlebbar.


Auftraggeber/Auslober: Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas Órganisations GmbH
Kuratorin: Brigitte Felderer
Mitarbeiter: René Waclavicek, Christian Scheiber