Michael Wallraff ZT GmbH, Fritz-Hahn-Gasse 3/13, A-1100 Wien, T + F +43 1 585 75 80, office@wallraff.at, Imprint, Privacy policy
Forschung unterstützt durch das Schütte-Lihotzky-Stipendium des österreichischen Bundeskanzleramtes.
Auftraggeber/Auslober: Österreichisches Bundeskanzleramt
Projektpartner: Wolfgang Tschapeller
Tragwerksplanung: Klaus Bollinger
Mitarbeiter: Jörg Bihain
Das Haus ohne Eigenschaften 2
Nach dem Vorbild eines Versicherungsgebäudes aus den 50er-Jahren
05/1998–02/1999
Das ehemalige Gebäude einer Versicherungsgesellschaft in Wien diente als Modell, um Möglichkeiten der Wiederverwendung von Stahlbetonskelettbauten aus der Nachkriegsmoderne zu untersuchen. Die Bausubstanz der Stadt wurde als dreidimensionales Baugrundstück betrachtet.
Vorgangsweise:
1. Ein verbrauchtes Bürogebäude wird entkleidet und auf seine Stahlbetonkonstruktion reduziert: Platten, Kerne, Stützen.
2. Entgegen der horizontalen Schichtung der Geschoßplatten wird ein vertikaler Freiraum durch die Geschoßdecken eingeschnitten.
3. Der Bestand wird zum Freiraum hin durch semipermeable Membranen räumlich und klimatisch weitgehend geschlossen.
4. Die Häute sind für gewisse räumliche Teilchen (Transistoren) durchlässig.
5. Diese Transit-Kapseln sind Zwischenräume, Schwellenräume, die weder dem einen Bereich (Bestand), noch dem anderen (Freiraum) angehören. Sie sind als „Niemands-Räume“ (Funktions)leer und eigenschaftslos. Die Haut selbst bildet sozusagen Schleusen aus, die Besitz-, Macht- und Gebäudegrenzen in Frage stellen.
6. Der Freiraum, die Schlucht, funktioniert wie ein vertikaler Park: Bestimmende Elemente sind eine komplexe, raumbildende Wegführung und die Oberfläche des (Nähr)Bodens (= der Wände) selbst.
7. Wichtig ist eine vom Gebäude unabhängige Erreichbarkeit, eine eigene Erschliessung, die sich parasitär unter/hinter/in der Haut des Bestandes entwickelt und ebenso wie die Schlucht 24h täglich der Öffentlichkeit zur verfügung steht. (Aussenraum!)
8. Der archaische, ja sakrale (spirituelle) Charakter des Gefüges, lässt Begriffe wie „Haus“, „Programm“ oder „Emotion“ auch auf metaphorischer Ebene hinter sich, da der Eingriff lediglich auf den Ebenen der sozialen Kontextualität (Städtebau), der Konstruktion (Skulptur) und der Transzendenz (Entleerung) diskutiert wird.
MW
30.11.1998